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Jahresausflug 2018

Jahresausflug des Förderkreises Orgelmusik

Am 14. September 2018 wurde in Berlin in einem Festakt die UNESCO-Urkunde über die Aufnahme von Orgelbau und Orgelmusik in Deutschland in die Liste des Immateriellen Weltkulturerbes überreicht. Für eine Gruppe von Mitgliedern des Förderkreises „Orgelmusik in der Lutherischen Pfarrkirche St. Marien“ war dies der ideale Tag, um auf Orgelexkursion zu gehen:

Orgel
Foto: Ursula Ziesche

„Die Martinskirche in Kassel mit ihrer neuen Rieger-Orgel war das erste Ziel. Dort wurden wir von Landeskirchenmusikdirektor Uwe Maibaum und von der Organistin der Pfarrkirche Ka Young Lee erwartet. Welch ein beeindruckender Kirchenraum in luftiger Helligkeit und in seiner stimmigen Innengestaltung und Gliederung durch schlanke Säulen und gefächerte Spitzbögen in edlem Weiß! Und dann das absolute Highlight: die neue moderne Orgel, erst im vergangenen Jahr eingeweiht! Uwe Maibaum gab zahlreiche Erläuterungen zum langjährigen Planungsprozess, der in die Koordination der verschiedenen Konzepte, Interessen, Perspektiven und Ideen mündete. Gerade in Kassel, einer Stadt, die seit vielen Jahren von zeitgenössischer Musik geprägt wird, sollte die neue Orgel in ihrer klanglichen, technischen und visuellen Komposition neue Wege der Vernetzung ermöglichen. Um dem Klangspektrum moderner Musik, u.a. dem Bedarf auch von „Teiltönen“ gerecht zu werden, eröffnet diese Orgel neue „Spielräume“: Da es in Natur und Physik mehr als Ganz- und Halbtonabstände gibt, wurde das vierte Manual vierteltönig konzipiert und ausgestattet. So stehen modernen Komponisten quasi vierundzwanzig pro Oktave zur Verfügung. Man darf gespannt sein, welche zeitgenössischen „Kreativen“ sich dieser Herausforderung stellen und welche Werke und Formen sie schaffen werden.

Gruppenbild mit Uwe Maibaum
Foto: Ulrike Paulus-Jung

Optisch und künstlerisch interessant wirkt ein beweglicher Vorhang aus schwarzem Kunsthaar, der unter der locker gestaffelten Pfeifenreihe des Prospektes über die gesamte Breite der Orgelempore schwebt; ein bisschen wie ein Riesen-Schnurrbart? Uwe Maibaum erzählte schmunzelnd, dass echte Friseurinnen die Strähnen kurz vor der Fertigstellung mit fachkundigem Schnitt auf harmonisch gleiche Länge gebracht haben.
Zu Freude und Entzücken des Auditoriums brachte dann Uwe Maibaum die Orgel mit ihrem reichen Klangspektrum zum Tönen. Zu gekonntem Spiel zog Ka Young Lee flink und orientiert (fast) alle Register, um die vielfältigen und überraschenden klanglichen Möglichkeiten zu demonstrieren.
Mit dem Gefühl und der Hoffnung, nicht das letzte Mal hier gewesen zu sein, stiegen alle Förderkreismitglieder in das Buss‘chen nach Bad Sooden-Allendorf.

Foto: Ulrike Paulus-Jung

Hier galt unser Besuch der Kirche St. Crucis. Deren Orgel war seit vierzig Jahren kaum mehr spielbar. Nach sorgfältiger Recherche sowie mühe- und hingebungsvoller Vorbereitung entschied man sich für einen Orgelneubau unter Verwendung wertvollen historischen Pfeifenmaterials und ergänzend neuer hochwertiger Pfeifen. Zur Bereicherung und Erweiterung der Orgelvielfalt innerhalb der Landeskirche sollte die Kirche St. Crucis eine englische Orgel bekommen. Fundament und „Grundsubstanz“ dieser Kombination von historisch-englischer und modern-deutscher Orgelbaukunst ist die Orgel der St. Holy Trinity Church in Cambridge, deren Ursprünge bis ins Jahr 1852 reichen. Die junge Orgelbaufirma Schulte, die auf englische Instrumente spezialisiert ist, hat mit hohem Interesse und intensivem Einsatz die Arbeiten soweit vorangebracht, dass die Orgel spielbar und eingeweiht ist. Im kommenden Jahr, so meinen alle Beteiligten zuversichtlich, wird das Instrument dann fertiggestellt sein und mit luftigen „Werra-Wellen“-Prospekt und einem warmen vollmundigem Klangspektrum erfreuen. Mehr als einen Vorgeschmack bekamen alle Orgelreisenden zusammen mit den heimischen Besucherinnen und Besuchern an diesem Abend in dem Konzert „gegangen-gegenwärtig“: Der Solist Otto Maria Krämer aus Straelen am Niederrhein ließ sich für seine virtuosen „Improvisationen in diversen Stilen“ inspirieren von Felix Mendelssohn-Bartholdy und zahlreichen französischen Komponisten.
Beeindruckt waren wir Förderkreismitglieder von dem intensiven Einsatz der Gemeindemitglieder, die sich seit der Gründung eines Arbeitskreises 2011/2012 unermüdlich für ihre „Queen an der Werra“ durch zahlreiche Aktionen eingesetzt und Spendengelder eingeworben haben und damit zur Realisierung der größten englisch-romantischen Orgel auf europäischem Festland maßgeblich beigetragen haben.

Ursula Ziesche
Ulrike Paulus-Jung