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Stunde der Orgel am 24.10.2020

Max Reger, 1873-1916

Zwölf geistliche Lieder, op.137

(1) Wenn mein Stündlein fürhanden ist,
und soll hinfahr’n mein‘ Straßen,
so g’leit du mich, Herr Jesu Christ,
mit Hilf mich nicht verlasse;
mein‘ Seel‘ an meinem letzten End‘
befehl ich dir in deine Händ‘,
du wollst sie mir bewahren.
Mein‘ Sünd‘ mich werden kränken sehr,
mein G’wissen wird mich nagen,
denn ihr’r sind viel‘ wie Sand am Meer,
doch will ich nicht verzagen;
gedenken will ich an dein‘ Tod,
Herr Jesu, und dein‘ Wunden rot,
die werden mich erhalten.

(2) Dein Wille, Herr, geschehe!
Verdunkelt schweigt das Land,
Im Zug der Wetter sehe
ich schauernd deine Hand.
O mit uns Sündern gehe
erbarmend ins Gericht!
Ich beug‘ im tiefsten Wehe
zum Staub mein Angesicht.
Dein Wille, Herr, geschehe!

(5) O Herre Gott, nimm du von mir
alles, was mich wendet von dir.
O Herre Gott, wöllst geben mir,
was mich kehrt allezeit zu dir.
O Herre Gott, nimm mich auch mir
und gib mich ganz zu eigen dir.

(6) Christ, deines Geistes Süßigkeit
in mir bereit‘, nach Willen deiner Mutter.
Dein Gewalt ist hier auf Erden breit,
drum allezeit
lob ich dich Herre, Guter.
Hilf mir durch deiner Namen drei!
Hilf dass ich hier nicht verfalle
der kranken Welt Unstetigkeit,
die bringet Leid
als wie ein bitter, bitter Galle.
Nun sollen wir alle gar mit Schalle
loben den viel süßen Christ,
daß der Gute, daß der Gute
mit seinem Blute
uns zu Hilfe kommen ist.

(7) Geht nun hin und grabt mein Grab,
denn ich bin des Wanderns müde!
Von der Erde scheid ich ab,
denn mir ruft des Himmels Friede,
denn mir ruft die süße Ruh
von den Engeln droben zu.
Darum letzte gute Nacht!
Sonn und Mond und liebe Sterne,
fahret wohl mit eurer Pracht!
Denn ich reis in weite Ferne,
reise hin zum jenem Glanz,
worin ihr verschwindet ganz.

(11) O Ursprung aller Brunnen,
wie willst du so gar versiegen?
Trost aller Herzen,
wie bist du geschwiegen?
Blume aller Schönen,
wie bist du so gar verblichen?
Licht aller der Welt,
wie bist du gar so dunkel worden?
Ewiges Leben,
bist du gestorben?

(12) O Jesu Christ, wir warten dein,
dein heiliges Wort leucht uns so fein.
Am End der Welt bleib nicht lang aus
und führ uns in deins Vaters Haus.
Du bist die liebe Sonne klar,
wer an dich glaubt, der ist fürwahr
ein Kind der ewigen Seligkeit,
die deinen Christen ist bereit.
Wir danken dir, wir loben dich
hie zeitlich und dort ewiglich
für deine große Barmherzigkeit
von nun an bis in Ewigkeit.

Zwei geistliche Lieder, op.105

Wenn in bangen trüben Stunden
Unser Herz beinah verzagt,
Wenn von Krankheit überwunden
Angst in unserm Innern nagt;
Wir der Treugeliebten denken,
Wie sie Gram und Kummer drückt,
Wolken unsern Blick beschränken,
Die kein Hoffnungsstrahl durchblickt:
O! dann neigt sich Gott herüber,
Seine Liebe kommt uns nah,
Sehnen wir uns dann hinüber,
Steht sein Engel vor uns da,
Bringt den Kelch des frischen Lebens,
Lispelt Mut und Trost uns zu;
Und wir beten nicht vergebens
Auch für der Geliebten Ruh.
Meine Seele ist still zu Gott,
der mir hilft. Denn er ist mein Hort,
meine Hülfe, mein Schutz,
dass mich kein Fall stürzen wird,
wie groß er ist. Hoffet auf ihn allezeit,
schüttet euer Herz vor ihm aus.
Gott ist unsere Zuversicht,
unsere Zuversicht.

Konzert am 26. 9. 2020

An die ferne Geliebte
Alois Jeitteles (1794-1858)

1. Auf dem Hügel sitz ich spähend
In das blaue Nebelland,
Nach den fernen Triften sehend,
Wo ich dich, Geliebte, fand.

Weit bin ich von dir geschieden,
Trennend liegen Berg und Tal
Zwischen uns und unserm Frieden,
Unserm Glück und unsrer Qual.

Ach, den Blick kannst du nicht sehen,
Der zu dir so glühend eilt,
Und die Seufzer, sie verwehen
In dem Raume, der uns teilt.

Will denn nichts mehr zu dir dringen,
Nichts der Liebe Bote sein?
Singen will ich, Lieder singen,
Die dir klagen meine Pein!

Denn vor Liedesklang entweichet
Jeder Raum und jede Zeit,
Und ein liebend Herz erreichet
Was ein liebend Herz geweiht!

2. Wo die Berge so blau
Aus dem nebligen Grau
Schauen herein,
Wo die Sonne verglüht,
Wo die Wolke umzieht,
Möchte ich sein!

Dort im ruhigen Tal
Schweigen Schmerzen und Qual
Wo im Gestein
Still die Primel dort sinnt,
Weht so leise der Wind,
Möchte ich sein!

Hin zum sinnigen Wald
Drängt mich Liebesgewalt,
Innere Pein

Ach, mich zög’s nicht von hier,
Könnt ich, Traute, bei dir
Ewiglich sein!

3. Leichte Segler in den Höhen,
Und du, Bächlein klein und schmal,
Könnt mein Liebchen ihr erspähen,
Grüßt sie mir viel tausendmal.

Seht ihr, Wolken, sie dann gehen
Sinnend in dem stillen Tal,
Laßt mein Bild vor ihr entstehen
In dem luft’gen Himmelssaal.

Wird sie an den Büschen stehen
Die nun herbstlich falb und kahl.
Klagt ihr, wie mir ist geschehen,
Klagt ihr, Vöglein, meine Qual.

Stille Weste, bringt im Wehen
Hin zu meiner Herzenswahl
Meine Seufzer, die vergehen
Wie der Sonne letzter Strahl.

Flüstr‘ ihr zu mein Liebesflehen,
Laß sie, Bächlein klein und schmal,
Treu in deinen Wogen sehen
Meine Tränen ohne Zahl!

4. Diese Wolken in den Höhen,
Dieser Vöglein muntrer Zug,
Werden dich, o Huldin, sehen.
Nehmt mich mit im leichten Flug!

Diese Weste werden spielen
Scherzend dir um Wang‘ und Brust,
In den seidnen Locken wühlen.
Teilt ich mit euch diese Lust!

Hin zu dir von jenen Hügeln
Emsig dieses Bächlein eilt.
Wird ihr Bild sich in dir spiegeln,
Fließ zurück dann unverweilt!

5. Es kehret der Maien, es blühet die Au,
Die Lüfte, sie wehen so milde, so lau,
Geschwätzig die Bäche nun rinnen.

Die Schwalbe, die kehret zum wirtlichen Dach,
Sie baut sich so emsig ihr bräutlich Gemach,
Die Liebe soll wohnen da drinnen.

Sie bringt sich geschäftig von kreuz und von quer
Manch weicheres Stück zu dem Brautbett hierher,
Manch wärmendes Stück für die Kleinen.

Nun wohnen die Gatten beisammen so treu,
Was Winter geschieden, verband nun der Mai,
Was liebet, das weiß er zu einen.

Es kehret der Maien, es blühet die Au.
Die Lüfte, sie wehen so milde, so lau.
Nur ich kann nicht ziehen von hinnen.

Wenn alles, was liebet, der Frühling vereint,
Nur unserer Liebe kein Frühling erscheint,
Und Tränen sind all ihr Gewinnen.

6. Nimm sie hin denn, diese Lieder,
Die ich dir, Geliebte, sang,
Singe sie dann abends wieder
Zu der Laute süßem Klang.

Wenn das Dämmrungsrot dann zieht
Nach dem stillen blauen See,
Und sein letzter Strahl verglühet
Hinter jener Bergeshöh;

Und du singst, was ich gesungen,
Was mir aus der vollen Brust
Ohne Kunstgepräng‘ erklungen,
Nur der Sehnsucht sich bewußt:

Dann vor diesen Liedern weichet
Was geschieden uns so weit,
Und ein liebend Herz erreichet
Was ein liebend Herz geweiht.

Adelaide
Friedrich von Matthisson (1761–1831)

Einsam wandelt dein Freund im Frühlingsgarten,
Mild vom lieblichen Zauberlicht umflossen,
Das durch wankende Blütenzweige zittert, Adelaide!

In der spiegelnden Flut, im Schnee der Alpen,
In des sinkenden Tages Goldgewölke,
Im Gefilde der Sterne strahlt dein Bildnis, Adelaide!

Abendlüftchen im zarten Laube flüstern,
Silberglöckchen des Mais im Grase säuseln,
Wellen rauschen und Nachtigallen flöten, Adelaide!

Einst, o Wunder! entblüht auf meinem Grabe,
Eine Blume der Asche meines Herzens.
Deutlich schimmert auf jedem Purpurblättchen: Adelaide!

Again my lyre, yet once again!
Anonymous

Again my lyre, yet once again!
With tears I wake thy thrilling strain
O sounds to sacred sorrow dear,
I weep, but could for ever hear!
Ah! cease! nor more past scenes recall,
Ye plaintive notes! thou dying fall!
For lost, beneath thy lov’d control,
Sweet Lyre! is my dissolving soul.

Noch einmal wecken Tränen bang,
O Lyra, deiner Saiten Klang!
Akkorde, heil’gem Schmerz geweiht,
Auch trauernd hört euch gern mein Leid!
Doch schweig! In eurem Klageschall
Tönt meiner Vorzeit Sterbefall!
Und eurer Wechsel Wonn‘ und Weh
Erliegt die Seel‘, und ich vergeh!