Gotthard Gerber spielt Orgelwerke von J.S. Bach
Die Programmauswahl nimmt Bezug auf die Dispositionen der Schuke – Orgel in der Ev.-Luth. Pfarrkirche St. Marien in Marburg, ein Instrument aus der Berliner Orgelbauwerkstatt GmbH Prof. Karl Schuke von 1968 bis 1969.
In den Jugendwerken von Johann Sebastian Bach ist der Einfluss der alten Meister unverkennbar und auch unüberhörbar. Später reifte in ihm eine neue, für ihn typische Formgestalt in der Zweiteilung von Praeludium und Fuge, in der aber auch formale Vielfalt herrscht, u.a. begründet durch seine hohe Kunst der Kontrapunktik.
Die Werke von Joh. Seb. Bach sind so ausgewählt, dass sie dem Programm einen inneren zusammenhängenden Rahmen geben, wie insgesamt das Programm nach proportional – symmetrischen Gesichtspunkten aufgebaut ist.
Am Anfang des Programms steht das große Praeludium h – Moll, BWV 544 von Johann Sebastian Bach.
Das Werk gehört zu den letzten großen Praeludien und Fugen der Leipziger Zeit. Diese Werke sind im Prinzip den Brandenburgischen Konzerten verpflichtet, in denen sich Tutti und Soli abwechseln, deutlich zu hören durch die entsprechenden Klangwechsel.
Praeludium und Fuge BWV 545 hängen inhaltlich eng zusammen: schon im Anfangsmotiv des Praeludiums ist das Fugenthema mit seinem Themenkopf versteckt enthalten, ein weiteres Motiv aus dem Praeludium kehrt auch in der Fuge wieder. Das Werk ist durch zwei autographe Niederschriften bekannt. In der zu hörenden früheren Fassung ist zwischen Praeludium und Fuge das Largo der Orgelsonate BWV 529 gesetzt.
Das Largo – komponiert im doppelten Kontrapunkt – ist der 2. Satz aus der Orgelsonate in C-Dur. Alle 6 Sonaten schrieb Bach für seinen ältesten Sohn Wilhelm Friedemann. . . . „ welcher sich damit zu dem großen Orgelspieler vorbereiten musste, der er nachher geworden ist. Man kann von der Sonaten Schönheit nicht genug sagen. Sie sind in dem reifsten Alter das Verfassers gemacht und können als das Hauptwerk desselben in dieser Art angesehen werden“, schrieb der Bachbiograph Forkel.
Es ist ein Anliegen dieses Programms, auch Choralvorspiele in den Programmablauf einzubeziehen.
Die für dieses Programm ausgewählten Choräle geben einen musikalischen Querschnitt durch die wunderbare Klangwelt der Sammlung „Achtzehn Choräle von verschiedener Art“.
Die Sammlung entstand in seinen letzten Lebensjahren; teilweise sind die Kompositionen in früheren Jahren entstanden, die er dann überarbeitet hat. Bach hatte das Bestreben, viele mögliche Formen der Choralbearbeitung in großen bedeutenden Beispielen zu zeigen.
Die Unterschiede des Stils der einzelnen Bearbeitungen ist aber so groß, dass man nicht von einer musikalischen Einheit der Sammlung sprechen kann.
Choralbearbeitungen für Orgel sind für den gottesdienstlichen Gebrauch bestimmt und aus der Organistenpraxis heraus entstanden. Sie gehören zum liturgischen Bestand der Kirchenmusik.
Oft geraten die kunstvollen und inhaltsreichen Choralvorspiele von Komponisten aus unterschiedlichen Stilepochen in Vergessenheit, da aus den verschiedensten Gründen viele Choräle nicht mehr oder immer seltener in manchen Gottesdiensten gesungen werden.
Darum ist es ein Anliegen auch dieses Programms, Choralvorspiele in den Programmablauf einzubeziehen, um einen Beitrag zu leisten zur Verbreitung und Erhaltung dieser wunderbaren Musik.
Abschluss des Programms ist die große Fantasie in g-Moll, BWV 542, in der Bach die Grenzen der harmonischen Vorstellungen seiner Zeit überschreitet. Zwischen den fantasievollen Abschnitten, die an Reger und Mendelssohn erinnern und voller Romantik stecken, stehen zwei Fugati, die ihrerseits Ruhepausen inmitten der harmonischen Vielfalt darstellen. G.G.