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Stunde der Orgel am 26. 10. 2024

September (Herrmann Hesse)

Der Garten trauert,
kühl sinkt in die Blumen der Regen.
Der Sommer schauert
still seinem Ende entgegen.

Golden tropft Blatt um Blatt
nieder vom hohen Akazienbaum.
Sommer lächelt erstaunt und matt
in den sterbenden Gartentraum.

Lange noch bei den Rosen
bleibt er stehn, seht sich nach Ruh.
Langsam tut er die großen,
müdgewordenen Augen zu.

Im Abendrot (Joseph von Eichendorff – 1788-1857)

Wir sind durch Not und Freude
Gegangen Hand in Hand:
Vom Wandern ruhen wir beide
Nun überm stillen Land.

Rings sich die Täler neigen,
Es dunkelt schon die Luft,
Zwei Lerchen nur noch steigen
Nachträumend in den Duft.

Tritt her und lass sie schwirren,
Bald ist es Schlafenszeit,
Dass wir uns nicht verirren
In dieser Einsamkeit.

O weiter, stiller Friede!
So tief im Abendrot,
Wie sind wir wandermüde –
Ist dies etwa der Tod?

Zueignung (Hermann Gilm von Rosenegg (1812 – 1864)

Ja, du weißt es, teure Seele,
Daß ich fern von dir mich quäle,
Liebe macht die Herzen krank, habe Dank.

Einst hielt ich, der Freiheit Zecher,
Hoch den Amethysten-Becher,
Und du segnetest den Trank, habe Dank.

Und beschworst darin die Bösen,
Bis ich, was ich nie gewesen,
heilig, heilig an’s Herz dir sank, habe Dank.

Nichts (Hermann Gilm von Rosenegg   1812 – 1864)

Nennen soll ich, sagt ihr, meine
Königin im Liederreich?
Toren, die ihr seid, ich kenne
Sie am wenigsten von euch.

Fragt mich nach der Augen Farbe,
Fragt mich nach der Stimme Ton,
Fragt nach Gang und Tanz und Haltung,
Ach, und was weiß ich davon!

Ist die Sonne nicht die Quelle
Alles Lebens, alles Lichts?
Und was wissen von derselben
Ich, und ihr, und alle? — Nichts.

Die Nacht ((Hermann Gilm von Rosenegg   1812 – 1864)

Aus dem Walde tritt die Nacht,
Aus den Bäumen schleicht sie leise,
Schaut sich um im weiten Kreise,
Nun gib acht.

Alle Lichter dieser Welt,
Alle Blumen, alle Farben
Löscht sie aus und stiehlt die Garben
Weg vom Feld.

Alles nimmt sie, was nur hold;
Nimmt das Silber weg des Stromes,
Nimmt vom Kupferdach des Domes
Weg das Gold.

Ausgeplündert steht der Strauch –
Rücke näher! Seel‘ an Seele,
O, die Nacht, mir bangt, sie stehle
Dich mir auch.

Morgen! (John Henry Mackay   1864 – 1933)

Und morgen wird die Sonne wieder scheinen
Und auf dem Wege, den ich gehen werde,
Wird uns, die Glücklichen, sie wieder einen
Inmitten dieser sonnenatmenden Erde …

Und zu dem Strand, dem weiten, wogenblauen,
Werden wir still und langsam niedersteigen,
Stumm werden wir uns in die Augen schauen,
Und auf uns sinkt des Glückes stummes Schweigen …

Ich wollt ein Sträußlein binden (Clemens Brentano   1778 – 1842)

Ich wollt ein Sträußlein binden,
Da kam die dunkle Nacht,
Kein Blümlein war zu finden,
Sonst hätt ich dir′ s gebracht.

Da flossen von den Wangen
Mir Tränen in den Klee,
Ein Blümlein aufgegangen
Ich nun im Garten seh.

Das wollte ich dir brechen
Wohl in dem dunklen Klee,
Doch fing es an zu sprechen:
»Ach tue mir nicht weh!

Sei freundlich in dem Herzen,
Betracht dein eigen Leid,
Und lasse mich in Schmerzen
Nicht sterben vor der Zeit.«

Und hätt′ s nicht so gesprochen,
Im Garten ganz allein,
So hätt ich dir′ s gebrochen,
Nun aber darf′ s nicht sein.

Mein Schatz ist ausgeblieben,
Ich bin so ganz allein.
Im Lieben wohnt Betrüben,
Und kann nicht anders sein.

Schilflied (Nikolaus Lenau – 1802-1850)

Drüben geht die Sonnen scheiden,
Und der müde Tag entschlief.
Niederhangen hier die Weiden
In den Teich,so still, so tief.

Und ich muß mein Liebstes meiden:
Quill, o Träne, quill hervor!
Traurig säuseln hier die Weiden,
Und im Winde bebt das Rohr.

In mein stilles, tiefes Leiden
Strahlst du, Ferne! hell und mild,
Wie durch Binsen hier und Weiden
Strahlt des Abendsternes Bild.

2
Trübe wird′ s, die Wolken jagen,
Und der Regen niederbricht,
Und die lauten Winde klagen:
„Teich, wo ist dein Sternenlicht?“

Suchen den erloschnen Schimmer
Tief im aufgewühlten See.
Deine Liebe lächelt nimmer
Nieder in mein tiefes Weh.

3
Auf geheimem Waldespfade
Schleich ich gern im Abendschein
An das öde Schilfgestade
Mädchen, und gedenke dein!

Wenn sich dann der Busch verdüstert,
Rauscht das Rohr geheimnisvoll,
Und es klaget, und es flüstert,
Daß ich weinen, weinen soll.

Und ich mein, ich höre wehen
Leise deiner Stimme Klang
Und im Weiher untergehen
Deinen lieblichen Gesang.

4
Sonnenuntergang;
Schwarze Wolken ziehn,
O wie schwül und bang
Alle Winde fliehn!

Durch den Himmel wild
Jagen Blitze, bleich;
Ihr vergänglich Bild
Wandelt durch den Teich.

Wie gewitterklar
Mein ich dich zu sehn,
Und dein langes Haar
Frei im Sturme wehn!

5
Auf dem Teich, dem regungslosen,
Weilt des Mondes holder Glanz,
Flechtend seine bleichen Rosen
In des Schilfes grünen Kranz.

Hirsche wandeln dort am Hügel,
Blicken in die Nacht empor;
Manchmal regt sich das Geflügel
Träumerisch im tiefen Rohr.

Weinend muß mein Blick sich senken;
Durch die tiefste Seele geht
Mir ein süßes Deingedenken,
Wie ein stilles Nachtgebet!

Die Nachtigall (Theodor Storm   1817 -1888)

Das macht, es hat die Nachtigall
Die ganze Nacht gesungen;
Da sind von ihrem süßen Schall,
Da sind in Hall und Widerhall
Die Rosen aufgesprungen.

Sie war doch sonst ein wildes Blut;
Nun geht sie tief in Sinnen,
Trägt in der Hand den Sommerhut
Und duldet still der Sonne Glut
Und weiß nicht, was beginnen.

Das macht, es hat die Nachtigall
Die ganze Nacht gesungen;
Da sind von ihrem süßen Schall,
Da sind in Hall und Widerhall
Die Rosen aufgesprungen.

Im Zimmer (Johannes Schlaf   1862 – 1941)

Herbstsonnenschein.

Der liebe Abend blickt so still herein.
Ein Feuerlein rot
Knistert im Ofenloch und loht.
So, mein Kopf auf deinen Knie’n,
So ist mir gut.
Wenn mein Auge so in deinem ruht,
Wie leise die Minuten zieh’n.